Derzeit entstehen sieben sichere Durchlässe für Amphibien an der L 200a. Die gesperrte Straße wird voraussichtlich ab 26. November wieder befahrbar sein. Einige Bürger wünschen sich auch einen Radweg an der engen Waldtrasse.
Die sieben Durchlässe unter der Straße sitzen schon, auch die Leiteinrichtungen aus Beton unterhalb der Böschung sind fertig. Planer Michael Fluß aus Waldkirch (vorne) mit Bauleiter Siegfried Korherr (links) von der Straßenbauverwaltung und Gruppenleiter Markus Stauss von der Baufirma Strabag (Langenargen) inspizieren die Arbeiten. | Bild: Hanspeter Walter
Davon kann Amphibienschützer Bruno Kolb vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Überlingen nur träumen, der kürzlich über kaputte Krötenzäune aus Holz geklagt hatte. Die sieben neuen Amphibiendurchlässe aus Beton, Metall und Granitsteinen, die am Königsweiher entlang der Landesstraße 200a bei Deisendorf entstehen, sind deutlich robuster und dauerhafter. Dafür wird die Umleitung noch bis zum 25. November bleiben. „Ab 26. November wird die Straße nach aktuellem Stand wieder befahrbar sein“, erklärten Bauleiter Siegfried Korherr von der Straßenbauverwaltung und Markus Stauss von der ausführenden Firma Stabag. Gemeinsam mit Planer Michael Fluß vom Büro Zurmöhle in Waldkirch inspizierten sie gestern den Baufortschritt und einige schwierige Stellen vor Ort.
Mehr Sicherheit für Mensch und Tier
Ein Traum erfüllt sich langsam für Naturschützer des BUND Salem, die sich schon seit mehreren Jahrzehnten um die große Erdkrötenpopulation kümmern, lange Jahre provisorische Zäune gebaut und die Tiere über die Straße getragen haben. „Es geht hier um den Schutz der Amphibienpopulation“, sagt Planer Fluß, „aber auch um die Sicherheit der Menschen, die hier an der dicht befahrenen Straße immer tätig waren.“ Was hier gebaut werde, sei der aktuelle Stand der Technik, der einen wirksamen Schutz der Tiere darstelle. „Die Topografie ist allerdings besonders schwierig“, betont Fluß. Auch für die Mitarbeiter von Markus Stauss ist das „lebendige Gelände“, wie er sagt, eine Herausforderung. Die Profile der Betonbarrieren so zu bearbeiten und anzupassen, dass keine Lücken bleiben, bedürfe großer Sorgfalt.
Die Planung hatte das Büro Zurmöhle schon 2007 fertiggestellt. Insgesamt 13 Durchlässe waren hier vorgesehen, zehn davon werden bis zur unteren Kurve demnächst realisiert sein – im optimalen Abstand von 30 Meter. Die Kosten für den aktuellen Bauabschnitt summieren sich auf rund 430 000 Euro, sagt Bauleiter Korherr. Dafür werden sieben Tunnels mit insgesamt 78 Meter Länge unter der Straße geschaffen, auf 280 Metern Länge sind unterhalb der Böschung Betonbarrieren entstanden, im Wald über der Straße werden sie auf rund 260 Metern aus Metall installiert. „Damit lässt sich zwischen den Bäumen flexibler arbeiten“, betont Michael Fluß. Durch die Leiteinrichtungen werde zugleich die Böschung in der Kurve etwas flacher, sagt er. Dies verbessere auch für den Autoverkehr die Sicherheit. Unverständlich ist der Aufwand nach wie vor für manche Bewohner von Deisendorf und Tüfingen, die sich zumindest gleich einen Radweg entlang der engen Straße durch den Wald gewünscht hätten. „Wir fordern dies seit vielen Jahren“, sagt Traudl Rauch aus Scheinbuch: „Warum tut man denn nichts für die Sicherheit der Radler?“
Wunsch der Radfahrer bleibt unerhört
Der Ortschaftsrat hatte als Alternative den Neubau einer Abkürzung über die grüne Wiese am Waldrand mit großer Mehrheit befürwortet. Der Überlinger Gemeinderat sprach sich allerdings mehrheitlich klar gegen diesen Neubau als zu großen Eingriff in Natur und Landschaftsbild aus. Auch Förster und Jäger waren skeptisch, da ein tiefer Einschnitt und eventuell eine Grünbrücke erforderlich gewesen wäre.
„Es gibt doch Alternativen für Radfahrer“, sagt Kristian Siebert von der Straßenbauverwaltung. Sie müssten doch nicht über die enge Serpentine durch den Wald fahren, hält er entgegen. Viele nutzten zum Beispiel den Weg über den Andreashof. Selbst in seiner Behörde gebe es Mitarbeiter aus Salem, die täglich mit dem Fahrrad nach Überlingen kämen.
Krötenbarriere an der L 200a: Die Vorgeschichte reicht bis ins Jahr 2007 zurück
Straße verlegen oder Durchlässe für Amphibien bauen? Unter anderem vor diese Alternative sahen sich im Frühjahr 2007 der Deisendorfer Ortschaftsrat und der Überlinger Gemeinderat gestellt. Die Straßenbauverwaltung hatte damals eine Abkürzung über die grüne Wiese von Tüfingen hinunter zum Königsweiher angedacht.
Skeptisch hatte sich im April zunächst der Verkehrsausschuss gezeigt und Bedenken auf Grund der hohen Kosten von damals geschätzten über 1,24 Millionen Euro geäußert. Da seien die Krötentunnels noch deutlich billiger und mit einem Neubau als „Direttissima“ drohe zudem eine „Rennstrecke“. Der Ortschaftsrat indessen sah vor allem Vorteile für die Sicherheit der Radfahrer, die dann die Trasse durch den Wald gefahrlos nutzen könnten. Zudem könne man sich das Geld für die Amphibiendurchlässe sparen. Im Oktober 2007 hatte der Überlinger Gemeinderat schließlich klar gegen den Straßenneubau votiert. Einer großen Mehrheit waren damals vor allem die Eingriffe in Natur und Landschaft ein zu großes Opfer.
Im Jahr 2011 waren schließlich die ersten drei Durchlässe gebaut worden, für mehr reichte zunächst das Geld nicht. Seit dem Jahr 2000 hat der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Salem die Hin- und Rückwanderungen der Amphibien dokumentiert – vor und nach dem Bau der Durchlässe. Mit den Zahlen glaubt er auch statistisch belegen zu können, dass sich der erste Teil des Röhrensystem bewährt hat. In diesen Wochen werden weitere sieben Tunnels gebaut. In einer Verlegung der Straße hatte der BUND keinen Vorteil gesehen, da das Verbreitungsgebiet der Amphibien dann an anderer Stelle neu zerschnitten gewesen wäre und eine Verbindung aufgrund der Absenkung der Trasse noch schwieriger gewesen wäre.
Sommerlebensraum der Population aus hauptsächlich Erdkröten, Grasfröschen, Bergmolchen und Teichmolchen sind die Waldgebiete rund um den Königsweiher.
Sobald die Temperaturen anhaltend etwa 5°C überschreiten, machen sich die Tiere auf den Weg zum Weiher, um dort abzulaichen. Diese Wanderwege sind für die aus Nordost bis Südost kommenden Amphibien durch die vielbefahrene Landesstraße durchschnitten.
Die ersten frühlingshaften Regentage lösen zumeist eine beeindruckende Massenwanderung aus.